Wohnpark am Berlin Museum, Block 33

Wohnpark am Berlin Museum, Block 33Beitrag von Sandra Schumacher

• Lage: Lindenstraße 15–19, Alte Jakobstraße 129–136, Am Berlin Museum 1–27, Berlin-Kreuzberg
• Bauzeit: 1984–86
• Bauherr: Unternehmensgruppe Hauert & Noack, Berlin
• Architekten: Hans Kollhoff und Arthur Ovaska, Berlin; Werner Kreis, Peter Schaad und Ulrich Schaad, Zürich/London; Horst Hielscher und Georg-P. Mügge, Berlin; Franz C. Demblin, Wien; Jochem Jourdan, Bernhard Müller und Sven Albrecht, Frankfurt; Stavoprojekt – John Eisler, Emil Přikryl und Jiří Suchomel, Liberec; Dieter Frowein und Gerhard Spangenberg, Berlin; Isozaki & Associates, Tokio
• Gartenarchitekten: Dieter Frowein, Gerhard Spangenberg und Holm Becker, Berlin; Prof. Falk Trillitzsch (TU Berlin, Landschaftsplanerische Beratung), Gartenbauamt Kreuzberg (Kinderspielplatz)

Städtebauliche Ausgangssituation unmittelbar vor den IBA-Planungen
Der Wohnpark am Berlin Museum entstand im Zuge der Internationalen Bauausstellung (IBA 84/87) am östlichen Rand der Südlichen Friedrichstadt in Kreuzberg auf den Grundstücken Lindenstraße 15–19 und Alte Jakobstraße 129–136. Westlich wurde das Gebiet begrenzt durch die Lindenstraße und das Gebäude der ehemaligen Victoria-Versicherung, südlich durch das barocke Kollegienhaus (ehemaliges Berlin Museum, das namensgebend für den Park war und heute Teil des Jüdischen Museums ist) und den Garten am Berlin Museum (zur gleichen Zeit entstandenes IBA-Projekt, heute dem Jüdischen Museum zugehörig), östlich durch die Alte Jakobstraße und nördlich durch die Lagerhalle der Glasergenossenschaft (heute Berlinische Galerie).

Die Friedrichstadt, die ursprünglich als Vorstadt Berlins und seit 1920 als Teil Berlin Kreuzbergs zum pulsierenden Zentrum der alten Reichshauptstadt gehörte, wurde 1945 fast völlig zerstört und durch den Bau der Mauer 1963 in eine Randlage gedrängt. In den 1980er Jahren waren an städtebaulicher Substanz nur noch fragmentarische Überreste vorzufinden. Das Areal der Südlichen Friedrichstadt war nur teilweise wiederaufgebaut worden. Der hier behandelte ehemalige Block 33 zeichnete sich unmittelbar vor den IBA-Planungen vor allem als Brachfeld mit wilder Vegetation ab. Nur das monumentale Gebäude der ehemaligen Victoria-Versicherung und das barocke Kollegienhaus – heute das älteste erhaltene Gebäude Kreuzbergs – waren in den 1960ern wieder aufgebaut und unter Denkmalschutz gestellt worden.

Wohnpark am Berlin Museum, Wohnhaus Lindenstraße 15–17, Werner Kreis/Peter Schaad/Ulrich Schaad, Straßenseite, Zustand Juli 2012; Foto: Gunnar Klack
Wohnpark am Berlin Museum, Wohnhaus Lindenstraße 15–17, Werner Kreis/Peter Schaad/Ulrich Schaad, Straßenseite, Zustand Juli 2012; Foto: Gunnar Klack

Historische Struktur des Bereiches
Die Geschichte der Südlichen Friedrichstadt begann 1732 mit der durch Friedrich Wilhelm I. veranlassten Erweiterung der frisch gegründeten Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin nach Süd-Westen. Unter der Leitung des Oberbaudirektors Philipp Gerlach entstand ein neues Wohn- und Geschäftsviertel, geprägt durch die keilförmige Straßenstruktur der auf das Rondell (heute Mehringplatz) zulaufenden Wilhelm-, Friedrich- und Lindenstraßen, das sich bis zur Akzisemauer (damalige Zollgrenze) erstreckte. Die traufständigen meist zweigeschossigen Häuser wurden als Blockrandbebauung mit dahinter liegenden großen Gärten (die dem Selbstanbau dienten) ausgeführt.

Während der nördliche Teil der Friedrichstadt durch eine strenge barocke Rasterung mit auf repräsentative Gebäude zuführenden Blickachsen geprägt wurde, waren gerade Abweichungen von dieser Rasterstruktur typisch für die Südliche Friedrichstadt. Im Zuge der Industrialisierung und des Wirtschaftsaufschwungs verdichtete sich das Gebiet bis 1870 zu einem stark pulsierenden Zentrum von Wohnen, zahlreichen Geschäften und Büros. Das Erscheinungsbild veränderte sich durch Bebauung der Hinterhöfe und Gärten von großzügigen zu immer kleineren Blöcken; durch Abriss, Neubau und Aufstockung von einheitlich zweigeschossiger zu hauptsächlich fünfgeschossiger Bebauung und – dem Zeitgeist folgend – von einfachen barocken zu stark verzierten gründerzeitlichen Fassaden. Ab 1871 siedelten sich hier wichtige Einrichtungen an: das Regierungsviertel in der Leipziger Straße, das Zeitungsviertel um die Kochstraße herum und das Verkehrszentrum zwischen Potsdamer und Anhalter Bahnhof. Die Bevölkerungszahl nahm wieder ab.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Friedrichstadt stark zerstört und nachher nur teilweise wieder aufgebaut. Es wurden zwar Gesamtkonzepte zum Wiederaufbau entwickelt, aber nicht flächenmäßig umgesetzt. Die drei wichtigsten Gesamtkonzepte zum Wiederaufbau Berlins waren der von Stadtbaurat Hans Scharoun (1893–1972) und weiteren Architekten entwickelte Kollektivplan (1945/46), der von Walter Moest (+1989) erstellte Zehlendorf-Plan und der unter Scharouns Nachfolger Karl Bonatz (1882–1951) entstandene Bonatz-Plan. Aufgrund des Zeit- und Geldmangels sah der frühe Wiederaufbau anders aus. Und auch weil sich in den 1960er Jahren die Teilung der Stadt ankündigte, wurde die Idee vom grünen City-Band, das Ost- und West-Zentrum verbinden sollte und einen hochverdichteten Raum von Wirtschaft, Verwaltung, Industrie und Kultur fassen sollte, nicht umgesetzt.

Durch den Bau der Mauer wurden nördlicher und südlicher Teil der Friedrichstadt gänzlich voneinander getrennt. Die Südliche Friedrichstadt fand sich im neuen West-Berlin in einer Randlage wieder. Die in den folgenden Jahren entstandenen Hochbauprojekte und die Verkehrsplanung wurden nicht aufeinander abgestimmt und führten zu einer seltsam ungleichmäßigen Mischung von dichter Bebauung und unbebauter Fläche. Sichtlich ohne größeren Zusammenhang wurden in der Südlichen Friedrichstadt vereinzelt Hochhäuser errichtet. Die Wilhelm- und die Lindenstraße wurden an ihrem südlichen Ende verlegt, wodurch die Friedrichstraße zur Sackgasse wurde. Die geplante Autobahn, die nördlich des Rondells quer durch die Südliche Friedrichstadt führen sollte, wurde nicht umgesetzt. Im ehemaligen Block 33 standen die zwei Altbauten wie verloren da – umringt von einer unverhältnismäßig breiten Straße und einem wild bewachsenen Brachfeld.

Während sich die städtebauliche Entwicklung Berlins bis in die 1970er Jahre noch auf die Idee der autogerechten Stadt und der Funktionstrennung stützte, kam es Mitte der 1970er zur Rückbesinnung in der Bevölkerung und zum Wandel in der Stadtbaupolitik. Die südliche Friedrichstadt wurde während der Internationalen Bauausstellung 84/87 das größte zusammenhängende Demonstrationsgebiet der Neubauprojekte unter Gesamtleitung von Prof. Josef Paul Kleihues (1933–2004).

Wohnpark am Berlin Museum, links Wohnhauszeile, Kollhoff & Ovaska, rechts Tor- und Gartenhäuser, Hielscher & Mügge, Franz C. Demblin, Jourdan/Müller/Albrecht, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher

Planungsgeschichte und Demonstrationsziel
Der Wohnpark am Berlin Museum entstand als Teil des Demonstrationsgebiets „Südliche Friedrichstadt“. Nach gewonnenem Ideenwettbewerb wurde das Planungskollektiv Hans Kollhoff (*1946; deutscher Architekt und Autor; seit 1978 eigenes Büro in Berlin; seit 1990 ordentlicher Professor an der ETH Zürich, seit 2012 emeritiert; Bauwerke: „Kollhoff-Tower“ am Potsdamer Platz, „Main Plaza“ in Frankfurt, „Europäisches Haus“, Unter den Linden) und Arthur A. Ovaska (*1951; deutscher Architekt; Bauwerke: „Museum für Moderne Kunst“ in Frankfurt) 1980 mit der städtebaulichen Weiterbearbeitung des Gebiets beauftragt. Das unter insgesamt acht deutschen und internationalen Architekten-Teams weiterlaufende Projekt dauerte insgesamt fast sieben Jahre.

Der „Masterplan“ wurde in mehrere Abschnitte unterteilt und jeweils den Teams zugeteilt. Die Teams waren:
• 1. Kollhoff und Ovaska
• 2. Werner Kreis (*1943), Peter und Ulrich Schaad (*1946) (KSS – Kreis Schaad Schaad, seit 1976 Zusammenarbeit, seit 1989 gemeinsames Architekturbüro in Zürich)
• 3. Horst Hielscher und Georg-Peter Mügge (Berliner Architekten; damals gemeinsames Büro in Berlin; Beteiligung an IBA-Projekt „Ritterstraße Nord“)
• 4. Franz C. Demblin (*1952 in Stuttgart; aufgewachsen in Wien; Studium in Stuttgart; seit 1983 Architekturbüro in Wien)
• 5. Jochem Jourdan (*1937; emeritierter Professor für Denkmalpflege und Bauerhaltung an der Universität Kassel), Bernhard Müller (*1941) und Sven Albrecht (keine Angaben) (seit 1970 Zusammenarbeit von Jourdan und Müller als PAS in Darmstadt; 1980-1984 Partnerschaft mit Albrecht; seit 1980 Jourdan & Müller gemeinsames Büro in Frankfurt)
• 6. Stavoprojekt Liberec – John Eisler (*1946), Emil Přikryl (*1945) , Jiří Suchomel(*1944) (1972-84 Stavoprojekt Liberec Studio 02 SIAL)
• 7. Dieter Frowein (*1938; deutscher Architekt und Autor, tätig in Heckhuscheid, Rheinland-Pfalz) und Gerhard Spangenberg (*1940, seit 1968 Architekturbüro in Berlin; Bauwerke: „Treptowers“ Berlin, „Radialsystem“ Berlin) und
• 8. Arata Isozaki (* 1931; japanischer Architekt; seit 1963 Architekturbüro Arata Isozaki & Associates in Tokyo; Bauwerke: „Gebäude der Berliner Volksbank“ am Potsdamer Platz).
• Die Freiraumgestaltung wurde von Frowein & Spangenberg mit Holm Becker (keine Angaben) unter der landschaftsplanerischen Beratung von Prof. Falk Trillitzsch (TU Berlin) und in Zusammenarbeit mit dem Gartenbauamt Kreuzberg geplant.

Während der zweijährigen Planungsphase wurde zwischen Architekten, dem Planungsausschuss und einer Gruppe von Bürgern über Nutzungsdichte, Verhältnis von bebauter und unbebauter Fläche, Wohndichte, Vegetation und Gestaltung diskutiert. So ließen die Architekten in ihre Planung die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit den Bürgern miteinfließen, zum Beispiel dass bauliche Großformen und einfache rationalistische Architekturen als unterkühlt, abweisend und sogar unmenschlich wahrgenommen wurden, jedoch kleinteilig gegliederte Bauformen in traditionalistischer Architektursprache anheimelnd und identifikationsträchtig empfunden wurden. [Vgl. Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87 Die Neubaugebiete – Dokumente Projekte – 3, S.274] Die angestrebte Nutzungsdurchmischung mit ausgewogenem Verhältnis von Wohnen, Arbeiten, Kultur und Erholung wurde vom Senat vorgegeben.

Die Demonstrationsziele waren:
• 1. die städtebauliche Neuordnung des Ostrandes der Südlichen Friedrichstadt im Spannungsfels zwischen den wilhelminischen Gebäudeteilen der ehemaligen Victoria-Versicherung, dem barocken Berlin Museum und der Lagerhalle der Glasergenossenschaft,
• 2. die räumliche Gliederung der Bebauung in ablesbare unterschiedliche städtische Außenräume, wie Verkehrsstraße, Erschließungsgasse, blockinterner Fuß- und Radweg und Wohn- bzw. Gartenhof,
• 3. Sozialer Wohnungsbau, der eine hohe Vielfalt von Wohn- und Lebensformen ermöglicht: Zusammenleben unterschiedlicher sozialer und ethnischer Bevölkerungsgruppen (Barrierefreiheit und Integration),
• 4. Erhalt der Spontanvegetation innerhalb des Gemeinschaftsfreiraums,
• 5. Angebot von Hausgärten als private Grünflächen,
• 6. Kleinklimaverbesserung durch Begrünung der Dächer und Fassaden,
• 7. Angebot eines Glashauses auf dem Dach als ganzjährige Gartenfläche.

Übergeordnete Aufgabe im Stadtviertel war das Aufnehmen des historischen Stadtgrundrisses und Unterteilung der großen Blöcke in überschaubare Einheiten, sowie die Auslegung der Straßenbreiten auf das Gesamtverkehrsaufkommen anstatt auf die Hauptverkehrszeit. Im Juni 1983 wurde der Bauantrag gestellt, Baubeginn war im Frühjahr 1984 und Fertigstellung in vier Bauabschnitten bis 1986.

Wohnhauszeile, Am Berlin Museum 2–18, Hans Kollhoff & Arthur A. Ovaska, davor: Einfahrt zur Tiefgarage unter der Straße, Zustand Juli 2012; Foto: Gunnar Klack

Städtebauliche und architektonische Lösung
1. Kollhoff & Ovaska:
Das Team Kollhoff & Ovaska hat zwei Bauten realisiert, zum einen die Wohnhauszeile Am Berlin Museum 2–18, und zum anderen das Turmhaus Alte Jakobstraße 129 d. Ersteres ist eine Zeile bestehend aus Ein- und Zweispanner und sowie einem Laubenganghaus. Die Kopfbauten befinden sich an der Lindenstraße und Alten Jakobstraße, ein Torhaus bietet mittig der Zeile einen Eingang zum Innenhof.

Wohnhauszeile, Am Berlin Museum 2–18, Hans Kollhoff & Arthur A. Ovaska, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher

Die Wohnungen reichen von 1,5-Zi. bis 5,5-Zi. zwischen 48 und 149qm (insgesamt 102 Wohnungen) plus sechs 5,5-Zi.-Maisonettes mit je 122qm. Darunter sind 14 alten- und 15 behindertengerechte Wohnungen. Der Dachgarten mit Orangerie ist allen Mietern zugänglich. Ladenlokale befinden sich an der Lindenstraße mit 165qm und an der Alten Jakobstraße mit 36qm. Die vorherrschenden Materialien sind Klinker, Putz, Holzfenster, Glasbausteine, Beton und Stahl. Neben den Materialfarben wurden Schwarz, Weiß, Grau und Blau verwendet. Vorgesetzte Wintergärten, Erker und Balkone schaffen ein individuelles Fassadenbild. „An die Moderne anknüpfend, ist das Haus, nach seriellen Prinzipien entwickelt, als Großform lesbar: Bekenntnis also zur Wohnanlage im Gegensatz zur parzellierten Blockrandbebauung. Und doch entwickelt sich die Zeile hausweise, wird der Grundtyp situationsbedingt formalen Abwandlungen unterworfen.“ [C. Baldus, In: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.283]

In der Mittelachse der Wohnzeile, auf der gegenüberliegenden Seite des Innenhofs, steht ein einzelnes schmales Haus, das zu dem Beitrag von Kollhoff und Ovaska gehört. „Das Turmhaus ist gewissermaßen aus der Zeile herausgeschnitten und hinterlässt eine Lücke.“ [C. Baldus, In: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.287] Die entstehende Lücke bietet den Eingang zum Innenhof. Das Turmhaus verfügt über zehn 1,5-Zi. bis 2,5-Zi.-Wohnungen mit 41 bis 74qm. Die obersten Wohnungen sind Maisonettes mit Dachterrasse.

Wohnhturm, Alte Jakobstraße 129d, Hans Kollhoff & Arthur A. Ovaska, Zustand 2012; Zustand Juli 2012; Foto: Gunnar Klack

2. Kreis Schaad Schaad:
Der Beitrag von Kreis Schaad Schaad ist das Wohnhaus an der Lindenstraße 15–17.
Es umfasst 22 Kleinwohnungen, davon zwölf Seniorenwohnungen, vier 4-Zi. bis 6-Zi.-Maisonettes, zwei Dachwohnungen und vier Ladenlokale und Werkstatträume im EG.

Wohnhaus Lindenstraße 15–17, Werner Kreis/Peter Schaad/Ulrich Schaad, Straßenseite, Zustand 2011; Foto: Sandra Schumacher

Das Gebäude hat zwei gänzlich unterschiedliche Fassaden. Die Straßenseite ist monumental, öffentlich, repräsentativ, während die Hofseite kleinmaßstäblich, privat ausgebildet ist. Zur Straße hin gibt es eine hierarchisch aufgebaute Fassade mit Ladenräumen im EG als Piano rustico, doppelgeschossigen Fensteröffnungen der Maisonettes als Piano nobile, darüber Stockwerksrepetitionen in kleinerem Maßstab und Dachwohnungen in der Giebelwand. „Dabei will das Gebäude als Wohnhaus aber auch gewöhnlich sein, indem es mit dem gebauchten Mittelerker und den seitlich anschließenden Balkonen eines der charakteristischsten Elemente der Berliner Wohnhausfassade aufnimmt (…).“ [W. Kreis, U. Schaad, P. Schaad, In: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.279]

Wohnhaus Lindenstraße 15–17, Werner Kreis/Peter Schaad/Ulrich Schaad, Hofseite, Zustand 2011; Foto: Sandra Schumacher

Die Tor- und Gartenhäuser wurden von drei Architektenteams entwickelt. Sie sprechen eine Sprache und sind im Ganzen zu betrachten, finden aber bei genauem Hinsehen ihre individuelle Ausführung. Volumen, Materialien und Farben wurden untern den Villen-Architekten abgestimmt. Dachformen, Fensteröffnungen und Balkone sind von den Architekten-Teams individuell gewählt.

3. Hielscher & Mügge:
Von Hielscher und Mügge sind die westlichen Tor- und Gartenhäuser Am Berlin Museum 17, 19, 25/27. Es sind zwei Gartenhäuser mit vier Wohnungen, und zwei Torhäuser mit sechs Wohnungen, alle Wohnungen sind mehrgeschossig. Nach Vorn zur Straße bzw. bei den Gartenhäusern zum Museumsgarten liegen alle Wohnräume; nach Hinten zur Hofseite liegen Küche, Kinderzimmer und Treppenhaus.

4. Franz C. Demblin:
Die Tor- und Gartenhäuser von Franz C. Demblin sind Am Berlin Museum 5/7, 13, 15, 21/23 – die mittleren vier der zwölf Häuser. Hier wurden acht verschiedene Wohnungstypen mit unterschiedlichen Eingangssituationen entwickelt. Der Wohnraum als zentraler in der Mitte gelegener Raum mit seiner Verbindung zu Essplatz und Loggia wird stets von zwei entgegengesetzten Seiten belichtet.

Wohnpark am Berlin Museum, Torhaus, Franz C. Demblin, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher
Tor- und Gartenhäuser, Am Berlin Museum 5/7, 13, 15, 21/23, Franz C. Demblin, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher

5. Jourdan Müller Albrecht:
Die östlichen Tor- und Gartenhäuser Am Berlin Museum 1/3, 9, 11 sind schließlich von Jourdan Müller Albrecht entworfen. Die Torhäuser verfügen über vier 5-Zi.-Maisonettes und sechs 3-Zi.-, sowie zwei 2-Zi.-Wohnungen. Es sind Zweispänner mit Dachterrassen und Loggien. Die Gartenhäuser umfassen zwei 5,5-Zi.-, sechs 3-Zi.- und zwei 2-Zi.-Wohnungen. Allen Villen-Architekten war sehr daran gelegen die Enge der Sozialwohnungen durch offene Grundrisse, Lichtführungen und Außenraumgestaltung zu kompensieren. [Vgl. Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.280–282]

Tor- und Gartenhäuser, Am Berlin Museum 1/3, 9, 11, Jochem Jourdan/Bernhard Müller/Sven Albrecht, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher
Tor- und Gartenhäuser, Am Berlin Museum 1/3, 9, 11, Jochem Jourdan/Bernhard Müller/Sven Albrecht, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher

6. Stavoprojekt Liberec:
Der Beitrag von Stavoprojekt Liberec ist das Wohnhaus mit Laden, Alte Jakobstraße 135/136. Es handelt sich um den östlichen Kopfbau des südlichen Blockteils, das Eckhaus Alte Jakobstraße/Am Berlin Museum. Das Haus umschließt 20 Wohnungen (14 3-Zi.-, zwei 5-Zi.-Wohnungen, zwei 6-Zi.-Maisonette, zwei 1,5-Zi.-Wohnungen) und eine Gewerbeeinheit.

Die Fassade besteht hauptsächlich aus rotem Verblendmauerwerk, welches geschossweise durch Betonstreifen unterbrochen ist. Sichtbeton befindet sich ebenfalls an dem freistehenden Aufzugsturm, am Ecktreppenhaus, an Balkonen und Loggien. Das zurückgesetzte 5. Obergeschoss ist mit Zinkblech verkleidet, die zum Hof gerichtete Fassade ist schlicht gehalten weiß geputzt. Genau wie Kreis Schaad Schaad sahen Stavoprojekt ihre Aufgabe darin zwischen der repräsentativen Straßenseite und den kleinmaßstäblichen Villen auf der Rückseite zu vermitteln.

Wohnhaus, Alte Jakobstraße 135/136, Stavoprojekt – John Eisler/Emil Přikryl/Jiří Suchomel, Zustand Juli 2012; Foto: Gunnar Klack

„Die Gliederung des südlichen Teils in mehrere Bauvolumen hat zu einer kleinmaßstäblichen Architektur geführt. Die Aufgabe beider Kopfbauten, des östlichen wie des westlichen, mußte also in einer formalen Vermittlung zwischen den kleinen Häusern an der blockdurchquerenden Straße „Am Berlin Museum“ und der restlichen Neubebauung gesehen werden.“ [J. Suchomel, In: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.283]

7. Frowein & Spangenberg:
Das Team Frowein und Spangenberg hat neben der Freiraumgestaltung auch die Wohnbebauung der Grundstücke Alte Jakobstraße 129–133 erarbeitet. Das Gebäude schließt die Blockbebauung L-förmig nach Nord und Ost. Es bildet nach Osten die Blockkante zur offenen Bauweise der Otto-Suhr-Siedlung. Die östliche Fassade ist schlicht gestaltet aus rotem Backstein. „Die zur Straße gelegenen Treppenhäuser zeichnen sich als flache Welle in der Backsteinwand ab.“ [G. Spangenberg, In: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.290]

Wohnhaus, Alte Jakobstraße 129–133, Dieter Frowein und Gerhard Spangenberg, Blick von der Berlinischen Galerie, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher

Der nördliche Riegel bildet angrenzend zum Grundstück der alten Glaserhalle die Schnittstelle zwischen Wohnen und Gewerbe. Hier ist die Fassade mit glasierten weißen Quadratfliesen und diagonalen Streifen aus roten Fliesen geschmückt. Die Fassadengestaltung entstand in Anlehnung an die Wandbehandlung historischer Berliner Gewerbehöfe. Zum Hof hin sind beide Baukörper weiß verputzt auf roten Backsteinsockeln mit großen Fenstern, Wintergärten und Loggien gestaltet. Das 6.OG ist beidseitig zurückgesetzt und zur Hofseite verputzt und blau gestrichen.

Wohnhaus, Alte Jakobstraße 129–133, Dieter Frowein und Gerhard Spangenberg, Seite zur Alten Jakobstraße, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher

8. Arata Isozaki:
Das Wohnhaus Lindenstraße 19, im Hinterhof der Victoria-Versicherung, ist von Isozaki and Associates. Im Innern ermöglichen tragende Stützen und nichttragende Raumtrenner ein hohes Maß an Flexibilität, daher eine große Vielzahl unterschiedlicher Wohnungstypen. Es gibt zwei 2-Zi.-Wohnungen im EG, zwei 3-Zi.-Wohnungen im 1.OG, vier 3,5-Zi.-Wohnungen im 2. und 3.OG, eine 4-Zi.-Wohnung und zwei 4,5-Zi.-Maisonettes im 4. und 5.OG. Der Wohnbereich ist immer gleichzeitig Erschließungsfläche.

Wohnhaus, Lindenstraße 19, Arata Isozaki, Zustand Juli 2012; Foto: Gunnar Klack

Das Gebäude schließt die Hofrandbebauung des Robinienhofes westlich zum Victoria-Gebäude ab. Die Fassadengestaltung nimmt daher Bezug auf die Hoffassaden der Victoria-Versicherung. „Sockel, Rustica, Lisenen, Gesimse, usw. werden durch zeitgenössische Materialien und Formen interpretiert.“ [D. Frowein, G. Spangenberg, In: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.289] „Vom Landeskonservator wurde die Auflage erteilt, das erhalten gebliebene historische Eingangstor des Hintergebäudes (erster Bauabschnitt des „Victoria-Areals“) in den Neubau zu integrieren. Der Neubauentwurf löst dieses Problem, indem im Erd- und ersten Obergeschoß um das Tor herum ein nischenartiger Rücksprung aus dem Gebäudekörper ausgespart wurde. Das Tor wird als Vorhalle für den neuen Eingang genutzt.“ [D. Frowein, G. Spangenberg, In: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.289]

Freiraumgestaltung, Dieter Frowein/Gerhard Spangenberg/Holm Becker, rechts Wohnhauszeile Bauteil Kollhoff & Ovaska, im Hintergrund Wohnhaus Bauteil Frowein & Spangenberg, Seite zur Alten Jakobstraße, Zustand Juli 2011; Foto: Sandra Schumacher

9. Freiraumplanung (Dieter Frowein, Gerhard Spangenberg, Holm Becker):
Im Zuge der Außenraumplanung wurde eine neue Privatstraße in Ost-West-Ausrichtung angelegt, die den Wohnpark in zwei Bereiche teilt. Unter der Straße „Am Berlin Museum“ wurden 108 Stellplätze in einer Tiefgarage eingerichtet. Das Straßenprofil wurde mit einseitiger Baumreihe und andersseitiger Beleuchtung asymmetrisch gestaltet. Die Straßenbeleuchtung – quadratische Beton-Steelen auf Backsteinsockeln mit Stahl-Gerüsten auf denen je ein Licht-Würfel sitzt – wirkt individuell und modern. Ebenfalls wurde ein öffentlicher Spielplatz und mehrere halböffentliche Spielflächen – jeweils für bestimmte Altersgruppen konzipiert – in den Höfen geschaffen. [Vgl. Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987, S.292f.]

Straßenraum Am Berlin Museum, Dieter Frowein/Gerhard Spangenberg/Holm Becker, Zugang zur Tiefgarage unter der Straße, Zustand Juli 2012; Foto: Gunnar Klack

Die Spontanvegetation im Robinienhain wurde erhalten und in das Grünflächen-Konzept integriert. Hinter dem alten Victoria-Gebäude wurde der „Schmuckhof“ wieder hergestellt, der zum Eingang der Lindenstraße 19 von Arata Isozaki führt. Der Außenraum wurde durch gezielte Niveauveränderungen spannungsvoll gestaltet.

Freiraum zwischen den Tor- und Gartenhäusern, Dieter Frowein/Gerhard Spangenberg/Holm Becker, Zustand 2011; Foto: Sandra Schumacher

Fazit:
Der Gesamtplan des Wohnparks am Berlin Museum sah eine Teilung des großen Blocks in 1. einen großmaßstäblichen Wohnhof in Verbindung mit dem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Victoria-Versicherung und 2. einen kleinmaßstäblichen Gartenhof in Verbindung mit dem Barocken Berlin Museum vor. Straßennetz und -charakter blieben erhalten, Blockkanten wurden weitgehend wieder geschlossen, die großen Blöcke kleinteilig organisiert, Grün- und Freiflächen angelegt. Auf die Anbindung für Fußgänger und Radfahrer wurde sehr großen Wert gelegt. [Vgl. Kreuzbergmuseum: Archiv Mappe 51 Nr. 311, S.8]

Der sechsgeschossige Kopfbau mit roter Klinkerfassade und gewölbtem Giebel bezieht sich mit seiner zur Lindenstraße hin monumentalen, repräsentativen Erscheinung auf den benachbarten barocken Museumsbau und mit seiner kleinteiligen Hoffassade auf die anschließenden zwölf Stadtvillen im halbprivaten Garten. Die Architekten schaffen durch die Zweigesichtigkeit zwischen den sehr unterschiedlichen Architekturformen zu vermitteln. Gleiches gilt für den östlichen Hofabschluss. Der ebenfalls in rotem Klinker –durch horizontale Betonstreifen unterbrochen – gehaltene Kopfbau vermittelt auf gleiche Weise – durch stark unterschiedliche Straßen- und Hoffassaden – zwischen den Villen und der restlichen Neubauplanung.

Die Stadtvillen bieten ein hohes Potential für Individualität und Identifikation. Durch die vielen privaten Freiflächen – Gärten, Balkone, Loggien, Dachgärten – und die architektonische Kleinmaßstäblichkeit wird ein hohes Maß von Intimität innerhalb der Enge geschaffen. Die zweigeschossigen Verbindungstrakte schließen die Fassadenfront zur Straße hin und schaffen den baulichen Anschluss an die Blockrandbebauungen zur Linden- und Alten Jakobstraße. Die sich an das Viktoriagebäude anschließende Wohnzeile will hingegen nicht zwischen Neu und Alt vermitteln, sondern setzt sich durch ihre Andersartigkeit abrupt vom Altbau ab. Durch die verklinkerten Loggien, Balkone und Wintergärten wird eine Fassaden-Rhythmisierung erreicht, die dabei nicht unruhig wirkt, sondern eine Mischung aus Privatsphäre und Gemeinschaftlichkeit ausstrahlt.

Die Wohnhauszeile wird durch eine Randbebauung nach Osten an der Alten Jakobstraße in rotem Backstein und nach Norden zum Gewerbehof der Glasergewerkschaft mit glasierten Quadratfliesen geschlossen. Das zwischen Robinienhof und Schmuckhof errichtete Wohnhaus vermittelt wiederum zwischen Alt und Neu: es integriert die historischen Überreste des ehemaligen Victoria-Hinterhauses in seinen Eingangsbereich und verfolgt eine klassische Fassaden-Gliederung in moderner Ausführung. Die allgemein im Wohnpark zum Ausdruck gebrachten postmodernen Architekturdetails zeugen von Zeitgeist, Kreativität und Selbstbehauptung.

Wohnhauszeile, Am Berlin Museum 2–18, Hans Kollhoff & Arthur A. Ovaska, Durchgang zum Hof in der Mitte der Zeile, Zustand 2012; Foto: Sandra Schumacher

Ursprüngliche und heutige Erscheinung
„Geht man heute wachen Auges durch die Lindenstraße in Kreuzberg erlebt man ein Wechselbad in Stein. Abrupt bauen sich Gegensätze auf, Neues steht unmittelbar neben Altem, Verspieltes neben Nüchternheit, Weite neben Enge. Es ist ein disharmonischer Ort, ohne sichtbare Struktur, unvollendet…“ [http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/station16.html] oder „So erlebt man die Lindenstraße heute als diese seltsame Mischung aus Leere und dichter Bebauung, aus postmoderner Stadtvilla und wilhelminischer Repräsentationsarchitektur (Victoria-Versicherung), aus renoviertem Altbau und familiengerechtem Sozialwohnungsbau der IBA, aus Alter Feuerwache und Springer-Hochhaus. Viele geschichtlich bedeutsame Gebäude sind verschwunden, die Narben sind noch immer sichtbar.“ [http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/station16.html] könnte die Einleitung zum heutigen Erscheinungsbild der Südlichen Friedrichstadt lauten.

Die Aufgabe, die sich den IBA-Planern in der südlichen Friedrichstadt in den 1980er Jahren stellte, war sehr umfangreich und differenziell. Die Vielfalt an Architekturformen konnte nicht wirklich zu einem Stadtgefüge zusammen wachsen.

So ist es nicht verwunderlich, dass die Südliche Friedrichstadt – zwischen Wilhelmstraße und Alter Jakobstraße, nördlich bis zur Hedemannstraße, Besselstraße, Ritterstraße und südlich bis zur Baruther Straße – am 15.03.2011 zum Sanierungsgebiet erklärt wurde. [http://www.stadtentwicklung.berlin.de/staedtebau/ foerderprogramme/denkmalschutz/de/foerdervorhaben/suedl_friedrichstadt/index.shtml]

Wohnhaus Lindenstraße 15–17, Werner Kreis/Peter Schaad/Ulrich Schaad, Eingangsituation Hofseite, Zustand 2011; Foto: Sandra Schumacher

Der Wohnpark am Berlin Museum in seiner internen Struktur wie auch seinen Bezügen zur direkten Nachbarschaft ist aber sehr wohl geglückt. Das Konzept scheint aufgegangen zu sein – der Park wirkt freundlich und lebendig, die Bewohner scheinen sich wohl zu fühlen und sich mit ihrer Umgebung zu identifizieren. Die bunte Vielfalt der Architekturen fördert die Mischung unterschiedlicher Nutzungen, wie auch unterschiedlicher sozialer Gruppen.

Auch ist der Wohnpark 25 Jahre nach seiner Erbauung augenscheinlich in gutem Zustand. Die ursprünglich weißen Fassaden der Stadtvillen waren inzwischen etwas ergraut, was bereits in Angriff genommen wurde – zumindest die Straßenhäuser wurden gesäubert und strahlen wieder in ihrem ursprünglichen Weiß. Die Bauten von Kreis Schaad Schaad und Arata Isozaki befinden sich momentan (September 2012) im Gerüst.

Wohnhaus, Lindenstraße 19, Arata Isozaki, Zustand September 2012; Foto: Sandra Schumacher

Die Vegetation ist stark gewachsen, was eine hohe Aufenthaltsqualität der Innenhöfe fördert. Der Garten Am Berlin Museum, der für sich als eigenständiges IBA-Projekt direkt angrenzend zum Wohnpark entstand, ist heute leider nicht mehr als öffentlicher Park frei zugänglich, sondern als dem Jüdischen Museum zugehörig unter den hohen Sicherheitsmaßnahmen durch einen Zaun abgeriegelt. Auch die ehemalige Glaserhalle wurde inzwischen zur Berlinischen Galerie umgebaut, weshalb der Bezug zum Gewerbehof heute mehr gegeben ist und die geflieste Fassadengestaltung von Frowein & Spangenberg jetzt etwas befremdlich wirkt. Das Gesamtkonzept, die Zusammengehörigkeit, die städtebaulichen Bezüge sind ansonsten weiterhin erkennbar.

Wohnhaus, Alte Jakobstraße 135/136, Stavoprojekt – John Eisler/Emil Přikryl/Jiří Suchomel, Zustand 2011; Foto: Sandra Schumacher

Städtebauliche und künstlerische (kunsthistorische) Bedeutung:
Als Teil der Internationalen Bauausstellung, und innerhalb dieser als besonders hervorgehobenes Projekt, muss der „Wohnpark am Berlin Museum“ als bedeutender Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs in Städtebau, Architektur- und Städtebaupolitik gelten. Bei diesem konkreten Beispiel, kann man von einer sehr gelungenen Umsetzung der Grundideen der IBA sprechen.

Der „Wohnpark am Berlin Museum“ war nach der als Pilotprojekt geltenden „Ritterstraße Nord“ das erste richtige IBA-Projekt in der Südlichen Friedrichstadt. Es entstand als Fortführung der städtebaulichen Entwicklung der nördlich angrenzenden Blöcke um die Ritterstraße und wurde mit 300 Wohnungen der größte zusammenhängende Baukomplex.

Der Bebauungsplan von 1961 sah eine fünfgeschossige Bauweise und eine Geschossflächenzahl von 1,5 vor. Der Senat entschied vom Bebauungsplan abzuweichen, wenn es von Vorteil für das städtebauliche Gefüge sei. Die Planung sah ein innerstädtisches Mischgebiet mit einem ausgewogenen Verhältnis von Wohnen, Arbeiten, Kultur und Erholung vor. Die Zielsetzungen, die von der IBA im städtebaulichen Rahmenplan zum Ausdruck gebracht wurden, orientieren sich weitgehend an der historischen Stadtstruktur: Straßennetz und -charakter blieben erhalten, Blockkanten wurden wieder geschlossen, große Blöcke wurden kleinteilig organisiert, Grün- und Freiflächen privat, öffentlich und halböffentlich mit eingeplant,  die Anbindung für Fußgänger und Radfahrer verbessert oder hergestellt und das Parken wurde (weitgehend unterirdisch) neu organisiert.

Der Wohnpark am Berlin Museum bietet zahlreiche Assoziations- und Interpretations-Möglichkeiten. Es ist eine Mischung aus traditionellem Berliner Mietshaus und modernem Siedlungsbau entstanden. Blockrandbebauung mischt sich mit Zeile und Stadtvilla. Orientierung am historischen Grundriss, Nutzungsdurchmischung, Aufnahme der alten Berliner Traufhöhe und Zurücksetzen der ausgebauten Dachgeschosse zeugen von Achtung vor Tradition und Geschichte. Gleichzeitig entstehen gleichwertige neue, postmoderne Bauformen und Ausdrucksweisen. Durch vereinzelte Abweichungen von den einheitlich festgelegten Materialien (Beton, Glas, Stahl, Zinkblech) und Farben (Materialfarben, Schwarz, Weiß, Grau, Blau) konnte innerhalb einer deutlichen Zusammengehörigkeit ein hohes Maß an Individualität und Abwechslungsreichtum geschaffen werden. Die einzelnen in ihrer Sprache, in Stil und Typ, stark variierenden Häuser ergeben durch das übergeordnete Prinzip ein vielfältiges Ensemble.

Quellenangaben

Archiv-Quellen:
• Kreuzbergmuseum: Archiv Mappe 50 Nr. 300
• Kreuzbergmuseum: Archiv Mappe 51 Nr. 308
• Kreuzbergmuseum: Archiv Mappe 51 Nr. 311

Literatur-Quellen:
• Kleihues, Josef Paul: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, Die Neubaugebiete, Band 3, 1987

• Nitsche, Rainer: Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87. Projektübersicht, 1991

Internet-Verweise:
http://www.luise-berlin.de/lexikon/frkr/w/wohnpark_am_berlin_museum.htm
• http://deu.archinform.net/index.htm
• http://www.kreis-schaad-schaad.ch/home.swf
• http://architekturbuero-muegge.de/
• http://www.jourdan-mueller.de/
• http://www.gerhardspangenberg.de/n/index.html
• http://www.isozaki.co.jp/
• http://aa.tul.cz/jiri.suchomel/
• http://www.sial.cz/
• http://www.gavu.cz/sial/de/
• http://www.goethe.de/ins/cz/pra/kul/duc/arc/pla/de8230866.htm